Dienstag, 27. Mai 2014

Bergfrühling im Greyerzer Land

Am vergangenen Samstag machten wir uns sehr früh auf den Weg, um ein für uns völlig neues Wandergebiet zu erobern.
Stark Wolken verhangen war der Himmel bei uns. Ab Bern goss es in Strömen. Sorgenvoll blickten wir in die Richtung unserer Zielregion. Die Wetterprognosen hatten einen schönen Tag versprochen....hoffentlich wusste das Wetter das auch!?!

Ab Bulle fielen die letzten Regentropfen. Als wir in Les Sciernes d'Albeuve ankamen, tat sich für uns der Himmel auf...als wir unsere Wanderschuhe schnürrten, brach die Sonne hinter den sich rasch auflösenden Wolken hervor und tauchte die Gegend in ein unglaublich schönes Morgenlicht. Frisch gewaschen präsentierte sich die liebliche Greyerzer Landschaft, eine klarere und reinere Luft konnte man sich gar nicht vorstellen.

Euphorisch ob so viel natürlicher Schönheit wanderten wir los. Endlich schien das Wetterglück wieder zu uns zurück gekehrt zu sein! Auf leider asphaltiertem Strässchen ging es langsam aufwärts, durch viele Alpweiden und schon erspähten wir die ersten Narzissen, Ankebälleli und Knabenkraut! Wir liessen unsere Blicke immer wieder ringsum schweifen und nahmen diese schöne Umgebung in uns auf. Bereits waren an den Hängen des Dent de Lys die ersten Narzissenfelder (auf die wir es abgesehen hatten) in der Ferne aus zu machen! Aber noch trennten uns viele Höhenmeter von ihnen.

Ich verfiel in ein viel zu schnelles Tempo und fand keinen guten Wander-Rhythmus...ich wollte einfach so schnell wie möglich zu diesen Feldern. Nach anderthalb Stunden musste ich ein paar Traubenzucker "einwerfen", weil mir übel und schwindlig war.
Derweil beobachtete mein Mann ein Gämse, die ganz allein unterwegs war und sich nicht stören lies.

Als wir den nächsten, ziemlich steilen Hang in Angriff nahmen, geschah das Unglaubliche! Innert Minuten näherten sich Wolken, schwabberten um uns herum und bald standen wir in dichtem Nebel, genau so wie im tiefsten Herbst! Düster, kalt und unheilvoll war die Ambience plötzlich um uns herum und genau so entwickelte sich meine Laune!
Denn genau jetzt, erreichten wir die Narzissenfelder!

Am liebsten hätte ich wie ein kleines Kind auf den Boden gestampft! DAS war einfach nicht fair. Wieder Mal hatte ich mich irgendwo hoch geschleppt und wieder machte das Wetter genau zum falschesten Zeitpunkt nicht mit! Seit Wochen ging das nun so!

Nach dem ich diesen kindischen Anfall etwas überwunden hatte, war ich wieder fähig, die Augen zu öffnen für dieses Naturwunder das sich uns bot! Nebel hin oder her! Wir durchschritten Narzissenfelder, wie wir es noch nie erlebt haben! Tausende und aber tausende Blüten reihten sich aneinander. Die Hänge waren weiss von ihnen. Maischnee, oder Neige de mai, wie man das in der Romandie nennt.

Wir haben schon an anderen Orten Narzissenfelder bestaunen können. Aber keine waren so schön wie diese hier. Der Reiz bestand darin, dass sich die Felder bereits in alpiner Landschaft befinden und sich aufs herrlichste mit anderen Frühlingsbergblumen vermischen. Was für ein Augenschmaus!

Bei dichtestem Nebel erreichten wir die Alp "En Lys". Wir beschlossen, noch höher zu steigen, in dieser Suppe wollten wir nicht rasten. Wir durchschritten die Alpebene und, oh Wunder, der Nebel begann sich zu lichten! Genau jetzt, wo es keine Narzissenfelder mehr zu bestaunen gab! Dafür konnte ich den Hang bestaunen, den ich jetzt noch zu meistern hatte ;-)

In den voran gegangenen Nächten hatte es sehr viel geregnet und hier oben sogar geschneit. Das Terrain war an diesem "Grasberg" nass und glitschig. Ich stelle mir bereits vor, wie ich auf dem Rückweg hier runter rutschen würde! Aber zuerst musste ich jetzt noch diese Höhenmeter bezwingen! Ziemlich ausgepowert erreichte ich nach über drei Stunden den Col de Lys, unser Tagesziel. Mein Mann hatte dieses letzte Teilstück lockerer und schneller hinter sich gebracht.

Einmal mehr machte ich die Erfahrung, dass sich alle Mühen gelohnt hatten! Der Ausblick von hier oben war grandios! Zwar etwas "verschandelt" durch eine Stromleitung, die genau über diesen Pass führt, aber darüber musste man einfach hinweg sehen können. Die Sonne gewann endlich wieder die Oberhand und wir vertilgten hungrig unser Essen.

Etwas unmutig schaute ich runter zu den Narzissenfelder, die jetzt natürlich in schönstem Sonnenlicht standen! Es war der pure Hohn! Aber ich dachte mir, wartet nur, euch krieg ich schon noch! Aus diesem Grunde hatte ich auch nicht die Muse für eine längere Pause. Ich wollte wieder runter zu der weissen Pracht!

Wie geahnt, erwies sich der Rückweg zur Alp als wahre Rutsch- und Pflotschpartie. Wir hatten zentimeter dicken Dreck an den Wanderschuhen! Mein Mann fand das ungemein lustig! ;-)
Es wundert sicher keinen mehr, unten bei den Narzissenfeldern
war es wieder bewölkt und schattig! Aber egal, ich würde jetzt hier warten, bis sich das Blatt wieder wenden würde!

Mein Mann suchte sich ein schönes Plätzchen und döste vor sich hin. Derweil befasste ich mich endlich intensiv mit der Blumenpracht! Das Spielchen von Schatten und Licht zog sich dahin, aber die sonnigen Abschnitte wurden deutlich länger und versöhnten mich mit den voran gegangenen "Unbillen" ;-)

Nach einer Stunden liefen wir weiter. Nun fädelten wir uns wieder in den vorgesehenen Rundweg ein. Es ging wieder etwas aufwärts, Richtung Folliu Borna. Hier war die Vegetation noch deutlich zurück. Krokusse und Soldanellen blühten und es waren auch noch ein paar Schneefelder zu überqueren. Die Narzissen werden hier später blühen.

Ab der Alp Chenau gings dann wieder abwärts, rein in den Frühling! Das schöne Wetter hatte sich nun endgültig durch gesetzt und wir konnten uns voll auf die Schönheit des Greyerzer Landes konzentrieren! Viele kleine Stops bauten wir jetzt ein, man konnte sich einfach nicht satt sehen! Immer wieder schweiften unsere Blicke zu den Hängen des Dent de Lys, die weiss zu uns herüber leuchteten!

Bei der letzten Narzissenwiese machten wir noch einmal einen ausgiebigen Schlaf- und Fotohalt. Dann steuerten wir langsam, sehr langsam dem Ausgangspunkt zu. Ganze 10 Stunden waren wir unterwegs gewesen, davon 7Std. Wanderzeit. Wir konnten uns fast nicht trennen von dieser schönen Landschaft. Eins ist sicher, wir kommen wieder!

Tja, und nach diesem "Endlos-Text" folgen jetzt die "Endlos-Fotos"...das war zu befürchten...ich konnte mich einfach nicht für eine noch engere Auswahl an Bildern entscheiden ;-)